Arbeiten 4.0

„Arbeiten 4.0“ ist zum Schlagwort geworden, unter dem sowohl Medien als auch Politik und Wirtschaft die aktuellen Veränderungen der Arbeitswelt diskutieren, die mit der Digitalisierung der Gesellschaft und der weltweiten Vernetzung einhergehen. Diese neue Version des Arbeitens, die Version 4.0, reiht sich ein in eine Entwicklung der Arbeitswelt, die mit der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert einsetzte.

  • Mit Arbeiten 1.0 wird die beginnende Industriegesellschaft zum Ende des 18. Jahrhunderts bezeichnet.
  • Die Anfänge der Massenproduktion und des Wohlfahrtsstaates am Ende des 19. Jahrhundert markieren den Übergang zum Arbeiten 2.0.
  • Die Phase der Festigung des Sozialstaates und der Arbeitnehmerrechte in der sozialen Marktwirtschaft wird mit Arbeiten 3.0
  • Arbeiten 4.0 beschreibt die Phase, in der wir uns aktuell befinden und die durch die Vernetzung, Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt gekennzeichnet ist.

In den Diskussionen sind sich quasi alle einig darin, dass sich das Arbeiten, die Arbeitswelt und die Produktionsbedingungen ebenso wie die Produkte und Dienstleistungen durch die Vernetzung und Digitalisierung grundlegend verändern. Und ebenso einig sind sich alle, dass die Gesellschaft darauf irgendwie reagieren muss. Diskutiert werden dann zum Beispiel der Wandel und die Unsicherheit der Arbeitsverhältnisse, die Notwendigkeit von Weiterbildung und Qualifizierung, Fragen nach guten Arbeitsbedingungen, nach einer neuen Unternehmenskultur, nach der persönlichen Zeitsouveränität oder Work-Life-Balance und und und. Nachzulesen zum Beispiel im „Grünbuch Arbeiten 4.0“ (PDF) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Ein Aspekt wird dabei – zumindest meiner Erfahrung nach – jedoch etwas vernachlässigt. Ich meine die Frage nach unseren Wertvorstellungen, die unter den neuen (Arbeits-)Bedingungen gelten sollen. Arbeiten 4.0 eröffnet ganz neue (technische) Möglichkeiten, zum Beispiel auch in der Zusammenarbeit mit anderen und bei der Gestaltung von Geschäftsbeziehungen. Und ich habe manchmal den Eindruck, dass wir uns hier die angemessenen Umgangsformen und Normen erst noch erarbeiten müssen.

So habe ich beispielsweise einmal erlebt, dass ein langjähriger Kunde mich durch einen neuen Auftragnehmer kommentarlos als Administrator von seiner Facebook-Seite entfernt hatte und auf Nachfrage dann lapidar meinte „Ach, dann können wir dich doch einfach wieder reinholen.“ – Geschäftsbeziehungen per Mausklick an- und ausschalten, weil es technisch möglich ist? Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg. Geschäftsbeziehungen werden getragen von Vertrauen und Verbindlichkeit. Und dabei spielt es keine Rolle, ob wir uns beim Meeting persönlich gegenübersitzen oder gerade auf Facebook unterwegs sind. In beiden Fällen sollten wir uns im Umgang miteinander an Werten und Normen orientieren und respektvoll handeln.

Für das Arbeiten 4.0 bedeutet das meiner Meinung nach, dass wir nicht vergessen dürfen, unsere ethischen Normen auf die neuen Rahmenbedingungen zu übertragen und diese auch im #Neuland anzuwenden. Denn nicht alles, was (technisch) möglich ist, ist auch ethisch vertretbar und wünschenswert.

Abschließend dazu noch ein passendes Zitat aus dem oben schon erwähnten „Grünbuch Arbeiten 4.0“:

„Wenn heute von einer vierten industriellen Revolution gesprochen wird, dann wirkt dies oft so, als würden die neuen technischen Möglichkeiten und Trends, quasi naturgegeben, unser Leben und unsere Arbeitswelt nach ihren Vorgaben umwälzen. Dies ist jedoch mitnichten so. Die Technik schafft nur neue Möglichkeiten. Was wir tatsächlich wahr werden lassen von dem, was möglich ist, um unsere Lebens- und Arbeitswelt zu gestalten, liegt weiterhin in unseren Händen – hier liegt der gesellschaftliche und politische Gestaltungsauftrag!“
(Grünbuch Arbeiten 4.0, Seite 37)

Thomas Schmidt, Medien- und Kompetenzexperte entwickelt seit mehr als 15 Jahren mit der Agentur Helliwood Bildungsinitiativen und -programme im Themenfeld digitale Medien. Er vermittelt auf eine eigene Art die faszinierend einfache Botschaft, dass wir alle mit unseren ureigenen Stärken in der Lage sind, in einer voll digitalisierten Welt zu bestehen.

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