Früher Troll, heute Hater

Trolle soll man ja bekanntlich nicht füttern, heißt es immer. Und es ist ja auch etwas dran: Leute, die zu allem eine Meinung haben, alles besser wissen und ihre kruden Thesen im Netz verbreiten, suchen vor allem Aufmerksamkeit. Diskutieren bringt da ja sowieso nichts. Also lieber ignorieren. – Nun ist der nervige, aber fast noch niedliche Troll inzwischen eine Erscheinung von gestern. Es gibt sie zwar immer noch, oft sind diese Nervensägen jedoch zu wahren Hatern geworden, die nicht nur Blödsinn verbreiten, sondern mit persönlichen Beleidigungen und ekligen Pauschalurteilen nur so um sich werfen – das geht bis zu echtem Cybermobbing oder Cyberbullying und überschreitet vielfach jede (auch rechtlich zulässige) Grenze. Sind Trolle also eher lästig, handelt es sich bei den Hatern um ein anderes Kaliber. Ihnen einfach kein Futter mehr zu geben, greift da leider zu kurz – zumal sie ihr Futter nahezu überall und in jeder Äußerung finden. Hater suchen Bestätigung, und jedes Like oder dergleichen wird als solche empfunden. Mehr noch: Alles, was kein Widerspruch ist, gilt quasi als Zustimmung.

Was es braucht, sind Menschen, die dagegenhalten. Auch deshalb, weil jedes Like weitere Likes befördert, denn die Lesenden denken sich: „Wenn so viele das toll finden, kann es so falsch ja nicht sein.“ Zumindest scheinen sie schnell zu vergessen oder gar nicht erst richtig wahrzunehmen, dass es abstruser Unsinn ist. Da kommt ein Hater schnell auf seine Kosten und das wiederum lockt natürlich weitere Exemplare dieser Spezies an, die dann in die gleiche Kerbe hauen. Viele, die hingegen etwas Sinnvolles beizutragen hätten, haben dann schnell keine Lust mehr, gegen diesen Unsinn anzukämpfen; sie werfen das Handtuch und mischen sich nicht mehr ein. Die Folge: Die Hater haben gewonnen.

Also bleibt nur, tapfer dagegen zu halten. Dabei kann man sich ruhig etwas naiv geben und einfach mal fragen, warum dieses oder jenes denn so ist, wie vom Hater behauptet. Denn überzeugende und plausible Argumente haben Hater meist keine auf Lager. Und Hinweise auf den Tonfall oder das niedrige Niveau einer Diskussion zeigt den Mitlesenden, dass das Ganze vielleicht doch nicht ganz koscher ist.

Das heißt: Manchmal muss man sich einmischen, spätestens wenn jemand persönlich aufs Übelste beleidigt oder bedroht wird. Klug ist, wer sich dabei nicht provozieren lässt, aber dennoch sachlich seine Meinung vertritt und so mit dazu beiträgt, den Hatern nicht widerspruchslos das Feld zu überlassen.

Thomas Schmidt, Medien- und Kompetenzexperte entwickelt seit mehr als 15 Jahren mit der Agentur Helliwood Bildungsinitiativen und -programme im Themenfeld digitale Medien. Er vermittelt auf eine eigene Art die faszinierend einfache Botschaft, dass wir alle mit unseren ureigenen Stärken in der Lage sind, in einer voll digitalisierten Welt zu bestehen.

Schreibe einen Kommentar

*
*