Falscher Alarm in Sachen Social-Media-Sucht

Schreck lass nach: „100.000 Jugendliche sind süchtig nach Social Media“ schrieb die Tageszeitung Welt Anfang März.

Eine Studie der Krankenkasse DAK in Zusammenarbeit mit der Uniklinik Hamburg Eppendorf und dem Umfrageinstitut Forsa habe ergeben, dass eine sechstellige Zahl von Jungen und Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren schlimme Symptome zeigten. Das Ergebnis wird als „alarmierend“ bezeichnet und scheint auf flächendeckende WhatsApp-Abhängigkeit, Instagramm-Manie und Snapchat-Sucht zu deuten. Das war natürlich eine dramatische Nachricht, die Aufmerksamkeit erregte. Andere Medien schrieben flugs ab und zeichneten das düstere Bild von Computer-Kids an der Facebook-Nadel.

Liest man jedoch die Studie, kommt man aus dem Kopfschütteln kaum raus. Zwar trägt sie den reißerischen Titel „ WhatsApp, Instagram und Co. – so süchtig macht Social Media“ aber von Social-Media-Sucht ist darin eigentlich keine Rede. Die DAK-Experten sprechen aufgrund der in einer repräsentativen Umfrage ermittelten Ergebnisse lediglich von „Suchtrisiko“ und „problematischem Gebrauch“ bei sage und schreibe 2,6 Prozent der befragten Teenager. Das entspricht in etwa einer Quote von einem Schüler in einer Gruppe mit 39 Jugendlichen. Rund 97 Prozent sind demnach aus dem Schneider. Eine eher beruhigende Zahl, die nur den Nachteil hat, nicht schlagzeilenträchtig zu sein.

Um der Meldung etwas Kick zu geben, rechnete die Welt hin und her: Bundesweit 4,6 Millionen Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren mal 2,6 Prozent ergibt 126.000. Fertig ist die große Zahl. Und weil man eh gerade dabei war, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen wurde aus dem Suchtrisiko im Handumdrehen gleich eine Sucht. Warum? Vielleicht sind manche Medien ja süchtig nach bad news.

Thomas Schmidt, Medien- und Kompetenzexperte entwickelt seit mehr als 15 Jahren mit der Agentur Helliwood Bildungsinitiativen und -programme im Themenfeld digitale Medien. Er vermittelt auf eine eigene Art die faszinierend einfache Botschaft, dass wir alle mit unseren ureigenen Stärken in der Lage sind, in einer voll digitalisierten Welt zu bestehen.

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