CODE statt Latein?

Thomas Schmidt: Herr Tompson, erst kürzlich hat die Internetbotschafterin der Bundesregierung, Gesche Joost, gefordert, dass Kinder bereits in der Grundschule programmieren lernen sollen. Und Vertreter großer IT-Firmen haben mit einem offenen Brief, in dem sie die Forderung untermauern, noch einmal nachgelegt. Was sagen Sie denn dazu?

Wapoid Tompson: Wo sie recht haben, haben sie nun einmal recht. Punkt.

Damit hätten wir das Thema ja ausgiebig erörtert … Aber glauben Sie nicht, dass das für die Kinder vielleicht etwas früh ist?

Quatsch, warum denn? In England lernen schon Kinder ab fünf Jahren in der Schule die Grundlagen über Algorithmen, Programmierung und Informationsverarbeitung. Die lernen also früh, dass Computer nicht nur zum Spielen und Videogucken da sind. Denken Sie doch mal nach: Wer kein Verständnis von solchen Dingen hat, kann doch unsere Welt nicht mehr verstehen. Und wenn die Kinder CODE statt Latein lernen, haben sie doch wirklich mehr davon!

Dann müsste man dafür ja auch erst einmal die nötigen Voraussetzungen schaffen. Im Moment gäbe es an den Schulen ja gar nicht genug Fachpersonal und technische Ausstattung, um das zu realisieren.

Dann sollen die damit schleunigst mal anfangen!

Wird doch längst gemacht, obwohl wir uns in Deutschland an den Schulen zugegeben teilweise etwas schwer damit tun. Fakt ist, dass Programme und Codes unser Leben in immer höherem Maße bestimmen. Und da sollten wir uns mal Gedanken darüber machen, wer diese Codes künftig schreiben soll. Das ist ein Stück weit sogar eine kulturelle Frage. Denn wenn wir wollen, dass unsere Kultur und unsere Werte in diese Programme und Apps einfließen, dann brauchen wir auch mehr Menschen in unserem Land, die diese schreiben können. Und die Programmiererinnen und Programmierer von morgen gehen eben nun mal heute in unsere Grundschulen.

Mein Reden!

Ob es dafür aber zwangsläufig ein Schulfach „Programmieren“ braucht, ist nicht gesagt. Schließlich gibt es in Deutschland auch viele gute Ärztinnen und Ärzte, ohne dass es ein Schulfach Medizin an den Schulen gibt. Wichtig ist doch vor allem, dass die modernen Technologien verstärkt und fachlich kompetent in den Unterricht integriert werden – dann sind die Kinder von heute auch in der Lage, die neuen Medien nicht nur zu konsumieren, sondern können sie auch gezielt nutzen und vor allem aktiv mitgestalten.

Da sind wir ja fast einer Meinung … und übrigens: Wer glaubt, das mit dem Programmieren für Kinder sei eine neue Idee: Vor fast fünfzig Jahren wurde mit „Logo“ bereits eine kindgerechte, sehr leicht erlernbare Programmiersprache entwickelt. Und in den USA wird Logo als Lern-Programmiersprache für Kinder bis heute verwendet.

Mehr zum Thema hier: www.code.your-life.org

Thomas Schmidt, Medien- und Kompetenzexperte entwickelt seit mehr als 15 Jahren mit der Agentur Helliwood Bildungsinitiativen und -programme im Themenfeld digitale Medien. Er vermittelt auf eine eigene Art die faszinierend einfache Botschaft, dass wir alle mit unseren ureigenen Stärken in der Lage sind, in einer voll digitalisierten Welt zu bestehen.

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